Samstag, 29. Dezember 2012

Jahreswechsel

DIESE WOCHE     Der DAX beendet das Jahr 2012 mit einem Indexstand von 7.612 Punkten. Damit ist das abgelaufene Handelsjahr mit plus 30% das beste seit 2003 (Schlußstand damals 3.965). Im Vergleich zum Rekordjahr 2003 präsentiert sich das fundamentale Umfeld für Aktien jedoch zum Jahresauftakt 2013 in einem katastrophalen Zustand. Ausschließlich das Fehlen intelligenter Anlage-Alternativen treibt die mit billigem Geld angefixten Investoren weiter in Aktien - und dieser Trend könnte noch länger anhalten. Damit laufen die Kapitalmärkte in 2013 Gefahr, neben der bereits bestehenden Blase am Bondmarkt die nächste `Serial Bubble` an zahlreichen Aktienmärkten Europas und den USA auszubilden - Absturz vorprogrammiert.

Soweit sind wir aber noch nicht. In den USA erhält die Kaufeuphorie zum Jahreswechesel sogar einen kleinen Dämpfer. Das `Fiscal Cliff`erscheint unausweichlich und die US-Politik blamiert sich in unvorstellbarer Weise - angesichts dieser Inkompetenz erscheinen die Protagonisten der europäischen Szene, selbst ein Berlusconi, wie ausgefuchste Politik-Strategen. Analysten prognostizieren für das Worst-Case-Szenario, in dem kein Kompromiß gefunden und die Ausgabenkürzungen voll wirksam werden, einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts der USA in 2013 um 3%. Angesichts dieser Drohkulisse wäre ein Absturz der US-Indizes zum Jahresausklang um 10 bis 20 Prozent wenig überraschend gewesen, aber auch hier gilt: Das billige Notenbankgeld muß irgendwie investiert werden!

MEINE STRATEGIE     Zum Handelsstart 2013 am kommenden Mittwoch sind die Karten im Spiel um das US-Haushaltsfiasko bereits gemischt und verteilt. Drei alternative Szenarien sind denkbar:

(1) Ein "guter" (im Sinne von "nachhaltiger/ tragfähiger") Last-Minute-Kompromiß ist im US-Haushaltsstreit gefunden worden. In diesem Fall ist eine Jahresanfangsralley ähnlicher Struktur wie 2012 zu erwarten, mit Kursen deutllich über 8K und neuen All-Time-Highs.
(2) Ein schwacher, vorläufiger Kompromiß wurde gefunden. Die Märkte würden auch diesen honorieren und der DAX die 8K aggressiv testen - v.a. in den US-Indizes könnte aber schnelle Ernüchterung einkehren.
(3) Das Worst-Case-Szenario. Die US-Wirtschaft läuft über die Fiskalklippe. Ein länger anhaltender, massiver Absturz der Aktienmärkte zu Jahresbeginn ist für mich trotzdem schwer vorstellbar. Vielmehr würde ich -auch für diesen Fall- nach schwachem und nervösem Jahresbeginn eine Fortsetzung der Liquiditätshausse bis Mitte Februar erwarten. Der Markt bliebe sich damit letztlich treu: Auf schlechte News wird gekauft!

Ich wünsche allen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Samstag, 22. Dezember 2012

Weihnachtswoche

DIESE WOCHE         Die Aufgabe eines Börsen-Journalisten besteht darin, zwischen Newsflow und Kursentwicklung einen logischen Zusammenhang herzustellen und diesen zu kommentieren. Insofern dürfte das Börsenjahr 2012 für diese Zunft kein einfaches gewesen sein, denn besagter logischer Zusammenhang war nur in Einzelfällen erkennbar. Aktienkurse stiegen trotz schwächelnder Unternehmensgewinne, Staatsanleihen stiegen trotz globaler Fiskalkrisen und die Renditen der Euro-Peripherie nähern sich wieder ihren Vorkrisen-Niveaus, als wäre die Struktur-Krise der PIGS-Staaten auch nur im Ansatz gelöst. Selbst die bedrohliche Zuspitzung des US-Haushaltskonflikts läßt die Märkte weitestgehend kalt, dabei wäre ein Inkrafttreten der Sparmaßnahmen zum 01en Januar für die lahmende US-Wirtschaft eine mittlere Katastrophe - so what?!

Mein triviales Fazit: Im Dezember setzt sich -in verschärfter Form- das fort was wir bereits seit Ende letzten Jahres beobachten dürfen; der Markt ist vollgepumpt mit Liquidität und so blähen sich die die Bewertungen der Vermögenswerte undifferenziert weiter auf. Vor dem Hintergrund der weiterhin präsenten, fundamentalen Unwägbarkeiten wären die Kursniveaus dieser Tage noch vor 12 Monaten kaum vorstellbar gewesen. Der DAX liegt auf Jahressicht über 30% im Plus und verzeichnet in der Jahresendralley die 5e Woche infolge mit Zugewinnen. Das Aufwärtsmomentum bleibt dabei überaus robust - bereits in die kleinste Korrektur wird aggressiv gekauft. Die Marke von 8K bleibt in Reichweite. Sollten sich die Protagonisten in Washington noch auf einen Last-Minute-Kompromiß einigen, wird sie zum Jahreswechsel überwunden werden.

MEINE STRATEGIE      Der Kursrutsch des S+P-Future von Donnerstag auf Freitag nachts offenbart die Fragilität dieser liquiditätsgetriebenen Hausse. Dennoch spricht aktuell nichts für eine grundsätzliche Trendwende. Auf die unbegründete `Jahresendralley` könnte durchaus eine ebenso sinnfreie `Jahrsanfangsralley` folgen. Zahlreiche Aktienindizes, allen voran der DAX, sind ihren All-Time-Highs bereits sehr nahe, ein baldiger aggressiver Test der Marke von 8K wäre folglich nur konsequent. Der Kursverlauf vom Freitag (u.a. die umgehende Aufholjagd des S+P-Future) belegt: Das mögliche `Fiscal Cliff` kann diesen Trend nur bremsen, aber nicht aufhalten. Ich bin kein Experte in Sachen US-Politik, halte aber ein positives Szenario immernoch für wahrscheinlich, alles andere wäre ökonomischer Selbstmord. Strategisch rate ich dazu, bis zu Beginn der 2en Januarwoche unpositioniert abzuwarten. Wer in den anstehenden, umsatzschwachen Tagen zocken will, sollte dies eher trendfolgend auf der Long-Seite versuchen - buy the dips!         

  

Samstag, 15. Dezember 2012

17. bis 21. Dezember

DIESE WOCHE      Das entscheidende Signal der abgelaufenen Woche kam wieder einmal von Seiten der Geldpolitik. Die FED bleibt auf ihrem Kurs der `Ultra-Easy-Monetary-Policy` und erwirbt ab Januar Staatanleihen im Wert von 45 Mrd. USD monatlich. Es fließt also noch mehr Geld in die Finanzmärkte - die Blase wächst kontinuierlich weiter. In Anbetracht dieser positiven News laufen die US-Indizes zum Jahresausklang weiter überraschend verhalten. Das drohende Fiscal Cliff drückt die Kaufbegeisterung, Republikaner und Demokraten scheinen sich ihren Positionen aktuell eher von einander zu entfernen. Knapp zwei Wochen bleiben noch um einen Kompromiß zu finden - es bleibt spannend. In Folge dessen fließen die Kapitalströme in diesen Tagen in andere Märkte, u.a. in deutsche Standardwerte. Der DAX strotzt weiter vor relativer Stärke und verzeichnet die vierte Handelswoche infolge mit Gewinnen; vom Zwischentief Ende November sind wir inzwischen 700 Punkte ohne nennenswerte Korrektur nach oben gelaufen. Viele Börsenkommentatoren, die dieser Tage die alberne Frage stellen ob denn die Jahresendralley noch kommt, sollten einen Blick auf den DAX-Chart riskieren und würden dann erkennen: wir stecken bereits mitten drin!

MEINE STRATEGIE     Das Momentum zum Jahresausklang ist extrem positiv. Selbst eine Korrketur in der anstehenden Expiry-Woche würde daran nicht viel ändern. Allein die US-Märkte bremsen die Euphorie (noch?). Sofern das Fiscal-Cliff erfolgreich abgewendet werden kann, sollten die Aktienmärkte noch einmal nach oben squeezen. Ausgehend von einem DAX-Niveau bei aktuell 7.600 sollte das neue All-Time-Highs in den nächsten 2-4 Wochen zur Folge haben. Das schwache Umsatzniveau begünstigt Übertreibungen. Falls sich die US-Politiker jedoch verzocken und die drastischen Haushaltskürzungen wirksam werden, wird es zum Jahreswechsel untypischerweise noch einmal turbulent. Das positive Szenario erscheint mir die wahrscheinlichere Alternative, dieses Umfeld ist mir aber zu unberechenbar um mich längerfristig zu positionieren.    

Samstag, 8. Dezember 2012

10. bis 14. Dezember

DIESE WOCHE       Der DAX etabliert sich auf seinem 5-Jahreshoch über 7.500 Punkten und der Squeeze in Richtung All-Time Highs läuft auf Hochtouren. Das Überraschende: Angesichts des drohenden Fiscal Cliff laufen die Aktienindizes in den USA im Vergleich sehr verhalten, der Nasdaq korrigierte in der abgelaufenen Woche sogar leicht nach unten. Nach aktueller Markt-Ideologie war der robuste US-Jobreport wenig hilfreich, da ein entspannender Arbeitsmarkt die FED dazu veranlassen könnte ihre aggressive Geldpolitik kommende Woche abzumildern - die Märkte sollten Ben Bernanke eigentlich inzwischen besser kennen...
Das weniger Überraschende: Parallel zu deutschen Aktien haussieren auch deutsche Rentenpapiere - eigentlich kompletter Unsinn, aber in Zeiten der `Ultra Easy Monetary Policy` absolut schlüssig! Es wird in der Vermögenspreisinflation eben nicht mehr zwischen einzelnen Asset-Klassen substituiert, sondern durch die Bank alles zugekauft. Dabei wäre eigentlich sowohl für deutsche Aktien als auch insbesondere für Bundesanleihen Vorsicht geboten: Die deutsche Industrieproduktion hatte im Oktober den stärksten Rückgang seit Jahren zu verzeichnen und angesichts der unkalkulierbaren Risiken der Euro-Rettung droht die Bundesrepublik in Kürze ihre Bestnoten der Rating-Agenturen zu verlieren. Diese Fakten werden die Kapitalmärkte noch beschäftigen, aktuell aber dominiert der Leitsatz: "Geld findet seinen Weg"! 

MEINE STRATEGIE    Der Squeeze nimmt neue Konturen an, so waren am Donnerstag mitunter Panik-Käufe im DAX-Future zu beobachten. An den Intraday-Highs wurden unlimitiert Futures zugekauft, der Ausführungspreis war den Tradern offensichtlich egal - Hauptsache LONG! Langfristig ist das kein gutes Zeichen. Der aktuelle Move ist technisch unsauber und nach meiner Einschätzung nicht nachhaltig. Das Problem: Es läuft bereits die 2e Dezember-Woche und die ohnehin extrem niedrigen Umsätze an Kassa- und v.a. Terminmärkten werden sich tendentiell weiter abschwächen. Darum Vorsicht! Ich rate dazu nicht gegen diesen Trend zu Shorten, sondern die nächsten Wochen in Ruhe zu beobachten. Sollte der DAX die nächsten 5 Handelstage schadlos überstehen sehe ich für die nächsten 4-6 Wochen einen Angriff auf die Marke von 8.000 Punkten.      

Samstag, 1. Dezember 2012

3. bis 7. Dezember

DIESE WOCHE      Der letzte Monat des Jahres läuft und es ist nicht mehr damit zu rechnen, dass sich die für 2012 typischen Mechanismen an den Finanzmärkten noch einmal grundlegend verschieben werden. Der wichtigste Charakterzug des Marktes in 2012 bleibt die Überlagerung der Börsen durch die Liquiditätsblase. Am auffäligsten wird diese Tatsache durch einen Blick auf die Rentenmärkte: Die Bondpreise der Krisenländer aus der Euro-Peripherie sind in 2012 wieder drastisch in die Höhe geschoßen, die Renditen haben sich entsprechend reduziert. So mußte Italien bei seinen Anleihe-Auktionen letzte Woche bereits nur noch die Zinssätze des Vor-Krisen-Niveaus von 2010 für seine Neuschulden anbieten (warum also sparen?). Im Gegenzug wäre eine Kurskorrektur der Anleihen aus "sicheren" Euro-Staaten (z.B. Deutschland) als logische Konsequenz zu erwarten gewesen. Weit gefehlt, denn auch deutsche Anleihen können in 2012 ein sattes Kursplus verzeichnen, der Bund-Future beendet den Handel am Freitag im auslaufenden Dezember-Kontrakt nur knapp unter 143.

FAZIT (1): Generell kehrt Risikobereitschaft zurück an die Kapitalmärkte. Für Bond-Portfolios bedeutet dies aber nicht, daß risikoarme Staatsanleihen durch riskante substituiert werden, sondern es wird -und das in Zeiten globaler Fiskalkrisen (!!!)- queerbeet zugekauft! Dabei bleibt die Strukturkrise im Euro-Raum weiterhin ungelöst - die jüngste Abstufung von ESM und ESFS durch Moodys ist fundamental völlig gerechtfertigt.

So ergibt sich als FAZIT (2): Die Preise an den Rentenmärkten haben sich weitgehend von der ökonomischen Realität abgekoppelt - klassisches Anzeichen einer Finanzblase. Trotz dieser gefährlichen Tendenz bleiben die dafür verantwortlichen Entscheidungsträger in EZB und FED ihrer Linie treu und der Ausgang des Spiels bleibt ungewiß.

Weit weniger abgehoben aber immerhin auffällig präsentiert sich die Entwicklung am Aktienmarkt. Auch hier ist aufgrund zu hoher Liquidität aktuell kein direkter Zusammenhang zwischen Kursbewegungen und realem Newsflow erkennbar. So klettern die Indizes aktuell wieder an ihre Jahrshöchststände - der DAX beendet die Woche über 7.400 Punkten. Angesichts schwächelnder Unternehmensbilanzen, makroökonomischer Risiken und ungelöster fiskalpolitischer Konflikte in den USA und Europa ist dieser rasante Anstieg nicht gerechtfertigt - das Geld muß aber irgendwie untergebracht werden. FAZIT (3): Es ist verfrüht, in diesem Stadium von einer Blase am Aktienmarkt zu sprechen, die größer werdende Divergenz steigender Kurse bei zeitgleich fallenden Gewinnprognosen zeigt aber: Der Markt läuft in großen Schritten in diese Richtung!

MEINE STRATEGIE     Im Umfeld fallender Volatilitäten und extrem mauer Umsätze ist es für mich aktuell schwer intraday gute Ergebnisse erzielen. Leider fehlt mir auch für eine längerfristige Position der klare View. Die Chancen eines Ausbruchs über die Jahreshochs mit einer aggressiven Ralley Richtung 8K sehe ich im DAX aktuell bei 50%. Mit der gleichen Wahrscheinlichkeit kann der DAX aber noch einmal nach unten drehen um erneut die 7K-Marke in den ersten Dezember-Wochen zu testen. Darum bleibe ich unpositioniert.