Samstag, 4. August 2012

06. bis 10. August

DIESE WOCHE       Der DAX präsentiert sich bei erhöhter Volatilität weiterhin sehr stark und entkoppelt sich damit immer systematischer aus seinem fundamentalen Umfeld. Die veröffentlichten Quartalsberichte der DAX-Unternehmen mahnen zur Vorsicht, das makroökonomische Big Picture im Euro-Raum verdüstert sich stetig. Die trügerische Hoffnung, ein wie auch immer gearteter Paukenschlag der EZB könnte die verfahrene Lage abrupt verbessern, erwies sich am Donnerstag als Trugschluß. Wie sollte es auch anders kommen? Wenn es ein nachhaltiges Konzept gäbe, die strukturellen Probleme im Euro-Raum durch geldpolitische Maßnahmen zu lösen - warum sollten diese dann nicht schon längst in die Wege geleitet worden sein?

Fakt ist:  Die Bereitschaft von Mario Draghi, mit geldpolitischen Aktionen stärker ins Risiko zu gehen, steigt. Ob damit langfristig nachhaltige Erfolge erzielt werden können scheint Nebensache. Mit ihren expansiven Maßnahmen der letzten 12 Monate ist die EZB bereits ein Vabanquespiel eingegangen, v.a. der Deutschen Bundesbank ist es zu verdanken daß Schlimmeres bislang verhindert wurde. Draghis aktuelle Strategie ist es, den Kapitalmärkten die Aussicht auf noch mehr Liquidität vor die Nase zu halten wie einem Kaninchen die Mohrrübe. Das Überraschende: Mit Blick auf letzten Freitag scheint das zu funktionieren. Ein Initiator des heftigen Kursschubs im DAX am Freitag war das angekündigte Aktien-Rückkaufprogramm von Siemens. Die Aktie katapultierte sich 7% nach oben. Hier zeigt sich ein Effekt der expansiven Strategie der EZB: Siemens ist im Besitz einer Banklizenz und konnte sich damit in den letzten Monaten zinslos bei der EZB verschulden - um jetzt mit dem EZB-Geld eigene Aktien zu kaufen!?? Wenn das der Sinn der Sache ist, dann gute Nacht Herr Draghi! 

MEINE STRATEGIE     Das Zeitfenster meiner Anfang Juli eröffneten Short-Position auf den DAX ist geschloßen. Mein anvisiertes Kursziel von 6.150 und tiefer wurde nicht erreicht. Zwischenzeitliche Gewinne -zuletzt am Donnerstag Abend- wurden von mir nur in kleinem Rahmen realisiert. So konnte ich immerhin meinen Break Even kontinuierlich verbessern, im Gesamtergebnis bleibt aber ein Loss. Die Position wurde von mir Dienstag, Donnerstag und Freitag jeweils abends sukzessive glattgestellt. Die letzten ca. 20% meiner Shorts werde ich Anfang der kommenden Woche aus dem Markt nehmen. Insbesondere die Bewegung am Freitag hat mir gezeigt, daß die Bereitschaft vieler Investoren, unabhängig vom News-Flow, aggressiv in Schwächephasen zu Kaufen ungebrochen ist. Darum heisst es für mich ersteinmal: Nase abputzen und weiter!

3 Kommentare:

  1. Ich glaube, mit Ihren verständlichen Einschätzungen waren Sie nicht alleine. Fast alle sind überrascht worden.
    Es ist kaum verständlich was die Kurse treibt. Könnten es die Inflationsängste von Privatanlegern sein?
    Ihre Einschätzungen verfolge ich gerne. Bitte weiter, auch wenn es in diesen bewegten Zeiten nicht immer exakt so eintrifft ....!

    Ein Realist

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  2. Auch wenn "me-too postings" verpönt sind: Sie sind mit Ihren profunden Einschätzungen wirklich nicht allein. Die Aktienbörse hat ihre Funktion als Reflektor der makroökonomischen Lage weitgehend verloren. Sie ist noch ein Derivat von Erwartungen an die Zentralbanken. Da der letzte Freitag und Montag (06.08.) wirklich extrem unklar waren - hat die EZB (ggf. über BIZ) jetzt ein aktives "Plunge Protection Team" wie die FED? Und ein für allemal: die Arbeitsmarktlage in den USA hat sich von 8,2% auf 8,3% verschlechtert. Wurde von den MSM nahezu verschwiegen, mit der Ausnahme der Lex-Kolumne in der Wochenendausgabe der FT vom 04.08., abe dort auch nur quasi im "Kleingedruckten".

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  3. @ Inflationsängste: Nach meiner Einschätzung treibt weniger die Angst vor Inflation die Kurse, vielmehr zeigt sich hier eine Kanalisierung der Inflation - Stichwort "Asset Price Inflation". In einer globalisierten Welt mit schwachen Gewerkschaften sehe ich den "klassischen" Inflationsmechanismus über den Arbeitsmarkt (Lohninflation) ausgehebelt. Folglich muß und wird sich die aufgeblähte Geldmenge über andere Wege entladen.

    @ Plunge-Protection: Die EZB-Kapitalmarkt-Interventionen an den europäischen Anleihemärkten laufen ja faktisch in diese Richtung. Eine direkte Intervention über Termin- oder Kassa-Handel in den Aktienmarkt halte ich aber für ausgeschloßen.

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